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21.10.2012, 10:59
Servus!
Ich war ja gestern beim Bayr. SSD-Symposium, wo unter anderem ein Vortrag über Giftpflanzen/- tiere gehalten wurde. Der Dozent, ein Toxikologe der auch beim Giftnotruf arbeitet, hat uns empfohlen, in der Schule für den Fall eines Vergiftungsunfalls Kohlepulver vorzuhalten, um es möglichst zeitnah nach der Aufnahme des Giftes, in Wasser gelöst, zu verabreichen; es soll das Gift an sich binden. Jetzt meine Frage: Hat jemand von euch Kohlepulver im Sanraum oder sonstwo gelagert?
21.10.2012, 11:45
Auf den gängigen Rettungsmitteln oder in Arztpraxis/Krankenhus sicher häufig zu finden, ob man das im SSD braucht -schwer zu sagen...
21.10.2012, 12:56
Der Gedanke dahinter ist, dass man im SSD oft früher dazukommt und so die Kohle noch etwas bringt, im gegensatz z.B. zum KH.
21.10.2012, 14:42
Danke, das dachte ich mir schon;)
Ich bin allerdings prinzipiell kein Freund irgendwelcher Medikamente im SSD, da das in diesem Setting meiner Meinung nach nichts verloren hat...
21.10.2012, 16:07
Naja...
Der Grund, weswegen normalerweise nur Ärzte Medikamente geben dürfen, ist ja eigentlich das nicht vorhersehbare Risiko von Allergischen Reaktionen bzw. Nebenwirkungen. Meines entsprechender nach ist beides bei Kohlepulver nicht vorhanden. Sicherlich braucht man es nur selten und es sollte nur im Notfall gegeben so etwas, aber ich denke, dass man es nach entsprechender Ausbildung auch verantworten kann, so etwas im SSD vorzuhalten.
21.10.2012, 16:11
Haja, grad bissel Holzkohle zerreiben, dann passt das schon!
21.10.2012, 16:43
@kstore
Die empfohlene Dosis bei Jugendlichen und Erwachsenen liegt bei ca 1g/kgKg, das entspricht bei einem 50 kg Patient ungefähr 500ml Flüssigkeit-Kohle Suspension. Überleg mal was bei Patienten mit Vergiftungen häufig hinsichtlich des Bewusstsein passieren kann und warum 500ml oder mehr Flüssigkeit zusätzlich im Magen Problem machen könnten.
Beherrschst Du diese 'Nebenwirkung' auch?
21.10.2012, 17:22
Vor allem, wann trifft man überhaupt auf enterale Intoxikationen im Rahmen des Schulsanitätsdienstes, bei denen der Patient noch in der Lage ist, Flüssigkeit oral aufzunehmen, wie Blinki ja schon richtig erwähnt hat?
Das Einzigste, was mir spontan einfallen würde, wären Suizidversuche im Internat z.B.. Nur doof, dass der Patient ja wahrscheinlich keine Lust am Leben in dieser Situation hat und ein SSDler ihn wohl kaum umstimmen kann, der Patient also die Flüssigkeitsaufnahme verweigern wird.
Zuletzt geändert von
Maxi am 21.10.2012, 20:56, insgesamt 2-mal geändert.
22.10.2012, 06:12
Sehe ich anders, es gibt grade im schulischen Bereich eine erhöhte Tendenz zu "weichen" Suizidversuchen mit Giften die aber -fast alle- noch rechtzeitig "gemeldet" werden (da eher Hilferufe als wirklicher fundamentaler Suizidgedanke).
Wir hatten damals bei den SSDs die ich betreut habe durchaus überlegt flüssige Kohle vorzuhalten - auch weil der Nebenwirkungsbereich von dem Zeug bei nahe Null liegt- uns aber im Endeffekt eher aus finanziellen Gründen & der Tatsache das im städtischen Umfeld die Eintreffzeit des RDs relativ gering ist darauf verzichtet.
Würde ich heute z.B. für ein abseits gelegenes Landschulheim entscheiden sähe meine Entscheidung ganz anders aus.
22.10.2012, 08:51
Unabhängig von Sinn oder Unsinn sehe ich die Sache rechtlich sehr kritisch.
Und es ist eigentlich auch egal warum der Gesetzgeber die Medikamentengabe Ärzten vorbehält (was nebenbei nicht nur mit potenziellen Nebenwirkungen sondern auch mit Indikation, Kontraindikation und Wechselwirkung zu tun hat), ich kann mich als Einzelperson oder Schule nicht darüber hinwegsetzen.
Auch wenn es ein "weicher Hilferuf-Suizid" ist, bezweifel ich dass sich die meisten dann vom einfachen SSD'ler behandeln lassen wollen. Vor allem bezweifel ich, ob ein normaler SSD'ler in einer solchen Situation den Übergang zur Zwangsmedikation bzw. Nötigung erkennen kann.
22.10.2012, 14:59
Ich denke, es ist nicht notwendig, medizinische Kohle vorzuhalten. Bei einem Suizidversuch (den es auch bei uns schon gab) ist eh eine (zwangsweise) Unterbringung in einer psychiatrischen EInrichtung notwendig. Hierfür ist der Rettungsdienst erforderlich. Dieser wird zeitnah alarmiert.
Dann hat das Helferteam erst einmal die Aufgabe, die Basismaßnahmen (Sichrung der Vitalfunktionen etc.) durchzuführen. Bis das gesamte diagnostische Schema abgelaufen ist (inkl. der üblichen "Giftfragen"), ist schon eine gewisse Zeit vergangen.
Dann erst würde ich mich mit der Giftinformationszentrale Göttingen in Verbindung setzen, die mir sagen kann, ob die Gabe von Kohlepulver sinnvoll und indiziert ist. Bis dahin ist der Rettungsdienst dann hoffentlich auch da, und kann die Verabreichung übernehmen.
Kritisch wäre es in meinen Augen, wenn der Suizident die Kohle erbrechen würde und zumindest teilweise aspirieren würde (ist ja nicht sicher auszuschließen). Dann ist der Rachenraum nämlich schwarz wie die Nacht und der Doktor, der nun eine sofortige Schutzintubation durchführen möchte, ärgert sich, weil er vor lauter Kohle nichts mehr sieht. Die Kohle färbt den Rachenraum dann nämlich massiv schwarz und auch das Laryngoskop bringt nicht die gewünschte "Erleuchtung"... Prost Mahlzeit!
Da wäre es viel wichtiger, potenziell lebensrettende Medikamente, die bei akut bedrohlichen Zuständen innerhalb kürzester Zeit wirken, vorzuhalten. Ein Beispiel hierfür wären Adrenalin-Fertigpens, die bei einem allergischen Schock eingesetzt werden und meines Erachtens zur Baisisausstattung von Sanitätsdiensten gehören sollten. Leider gibt es da rechtliche Probleme, sofern der Pen nicht personenbezogen vom Patienten mitgeführt wird...
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