Garantenstellung / Unterlassene Hilfeleistung

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01.05.2011, 00:11
Hallo liebe Forumsuser,

ich habe folgendes Problem!

Ich bin heute in RD Klammoten von einem Gruppenabend nach hause gefahren und bin in der Bahn auf eine Person mit C2 Intox getroffen. Ich habe sie 5 Minuten beobachtet. Die Person war somnolent. Sie konnte sich kaum auf der Sitzbank halten. Als Ihr die Flasche dann aus der Hand gefallen ist, habe ich sie angesprochen und sie gefragt, ob sie schmerzen habe, ob alles ok sei, wieviel sie getrunken habe, etc... (ihr kennt alle die Anamnese/und das teilweise besser als ich ).

Sie hat mir dann erzählt, dass sie nicht genau weiß wohin sie müsse und, dass sie nicht viel Alkohol veträgt und zuviel getrunken habe.Sie sagte, dass sie jmd abholt irgendwo, sie aber nicht sagen konnte wo, wann, und wer ,und mir bestätigte, dass der/diejenige nicht weiß das er/sie die Patientin abholen soll.

Als sie dann 5min vergeblich versucht hatte jmd zu erreichen und mir sagte ihr wäre schlecht und sie immerwieder einschlief, habe ich ihr gesagt, dass ich sie ungerne alleine im Fahrzeug belassen würde und deshlab gerne einen RTW rufen würde. sie bejate dies und sagte, dass sie damit einverstanden sei. Dann habe ich den Fahrer dazuholen lassen und ihm die Situation erklärt woraufhin er einen RTW alamierte.

Der RTW kahm, kurze übergabe. Die Besatzung bestätigte mir, dass der Einsatz berechtigt war und nahmen sie erstmal mit zum rtw weil sie die frau nach erster einschätzung nicht dazu in der lage sahen, eingenständig nachhause zu gehen/fahren und von ihr ggf. eine eigengefahr ausgeht.


Problem ist jetzt folgendes: (Wichtig dafür ist, dass ich erst 15 aber Sanitätshelfer bin) Als ich meiner Mutter dann erzählte was vorgefallen war, hat sie mir gesagt, dass sie das nicht möchte, dass ich diese Gefahr eingehe und sagte mir, dass ich nur einen Notruf absetzen soll OHNE die Frau vorher anzusprechen, um festzustellen ob diese Person überhaupt Hilfe benötigt.
Jetzt habe ich argumentiert, und gesagt, dass ich, wenn ich nicht geholfen hätte, meine Garantenstellung nicht erfüllt hätte (RD Klammoten), und mich außerdem der Unterlassenen Hilfeleistung strafbar gemacht hätte, da diese besagt, dass man tun MUSS was man kann und darf auch nichts davon auslassen.

Meine Mutter sagt mir jetzt, dass für mich als Minderjähriger bestimmt andere Rechte/Pflichten gelten und es reichen würde wenn ich ohne abzuschätzen ob hilfe benötigt wird einen RTW hole und dann warte und nichts tue. Dies wiederstrebt mir jedoch völlig.


Kann mir einer hier sagen ob ich jetzt richtig liege, oder ob meine Mutter recht hat ?


v.G. und vielen Dank fürs aus der Zwickmühle retten
Flo
P.S.: Wenn möglich begründet an irgendwelchen Gesetzen etc.
Zuletzt geändert von ssdhhg am 01.05.2011, 00:13, insgesamt 1-mal geändert.
Flo, sanhelfer und ASBler

01.05.2011, 00:21
Da du dich in diesem Fall nicht in der Garantenstellung befindest (bist nicht im Einsatz, die Kleidung alleine setzt dich nicht in die Garantenstellung!), ist das eigentlich kein größeres Problem.

Du verwechselst allerdings ein paar Kleinigkeiten: Der unterlassenen Hilfeleistung würde sich in diesem Fall jede Person schuldig machen, wenn keine Hilfe geleistet würde; in der Garantenstellung (in der du dich aber halt nicht befunden hast), wäre dies dann nicht mehr "nur" unterlassene Hilfeleistung, sondern bei einem eventuellen Schaden für den Patienten z.B. Körperverletzung durch Unterlassen (als eine Stufe härter).

Deine Maßnahmen waren aber alle goldrichtig, so wie ich das aus der Ferne des Internets beurteilen kann.
Allerdings würde ich an deiner Stelle über eine Sache nochmal scharf nachdenken: Ist es wirklich notwendig, dass du mit Dienstklamotten mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause fährst? Auch wenn du dich nicht in der Garantenstellung befindest, gibt es da in meinen Augen viel Diskussionsstoff, den man einfach mit einem schnellen Umziehen in der Unterkunft vermeiden könnte (und sollte).

01.05.2011, 00:29
Alles Klar.

Das mit dem Umziehen mache ich dann auch so. Hast du eigentlich völlig recht.

Aber die Frage ist ja, ob ich denn aufgrund meines alters nicht dazu "gezwungen bin zu helfen, sprich ob ein Notruf reicht, oder ob auch ich mein volles wissen ausschöpfen muss, folgich auch kontakt zur person aufnehmen muss und im zweifel auch behandeln muss.

Keine Frage, ICH würde dass sowieso machen, meine Mutter möchte mir dies aber verbieten.

v.G. Flo
Flo, sanhelfer und ASBler

01.05.2011, 08:30
1) Du hast keine RD-Kleidung, sonst höchstens Kleidung aus einer HiOrg an.
2) Wenn deine Mutter dir dies verbieten will, soll sie dir doch deine Tätigkeiten in einer HiOrg verbieten. Warum zahlt die HiOrg dir eine Ausbildung wenn du nicht mal in der Lage bist, Erste Hilfe zu leisten (von deiner Mutter aus).
3)Jede Person ist an das StGB gebunden. Nach §323c ist ja jeder Bürger zur ersten Hilfe verpflichtet. Ein Notruf reicht ja auch für Laien aus. Aber wenn man schon einen SanH-Kurs hat, kann man sein bestes Wissen mit bestem Gewissen ruhig einsetzen. Einziges Thema: Eigenschutz. Vielleicht langsam rangehen, bei so einer Frau ist das vielleicht nicht das Problem, aber wenn man jetzt einen 40jährigen alkoholisierten Mann hat, der womöglich aggressiv wird, ist das nochmal eine andere Sache, da erstmal auf Abstand.
19 Jahre. Abiturient. Helfer-vor-Ort. Rettungssanitäter. Nebenamtlich im Rettungsdienst. Humanmedizinstudent im 2. Semester, EKT. Ausbilder EH, LSM, EH am Kind.

01.05.2011, 10:59
Hier wird es idiotensicher erklärt:

http://notfallmedizin.de/download/gesetze.pdf

Zitat:
Man ist Garant, weil man Vater, Ehefrau, Bademeister oder Unfallverursacher ist, nicht weil man
Krankenpfleger oder Notarzt ist.
Es ist Dein Recht, Waffen abzulehnen. Es ist Deine Freiheit, nicht an Gott zu glauben. Aber wenn jemand in Dein Haus einbricht, sind die ersten beiden Dinge, die Du tun wirst: Jemanden mit einer Waffe rufen und beten, dass er rechtzeitig da ist.

01.05.2011, 11:02
Original von Helpman1993
1) Du hast keine RD-Kleidung, sonst höchstens Kleidung aus einer HiOrg an.
2) Wenn deine Mutter dir dies verbieten will, soll sie dir doch deine Tätigkeiten in einer HiOrg verbieten. Warum zahlt die HiOrg dir eine Ausbildung wenn du nicht mal in der Lage bist, Erste Hilfe zu leisten (von deiner Mutter aus).
3)Jede Person ist an das StGB gebunden. Nach §323c ist ja jeder Bürger zur ersten Hilfe verpflichtet. Ein Notruf reicht ja auch für Laien aus. Aber wenn man schon einen SanH-Kurs hat, kann man sein bestes Wissen mit bestem Gewissen ruhig einsetzen. Einziges Thema: Eigenschutz. Vielleicht langsam rangehen, bei so einer Frau ist das vielleicht nicht das Problem, aber wenn man jetzt einen 40jährigen alkoholisierten Mann hat, der womöglich aggressiv wird, ist das nochmal eine andere Sache, da erstmal auf Abstand.


Meine Mutter traut mir das zu. Keine Frage. Nur sie will nicht das ich alleine jmd anspreche um ihn zu fragen ob alles ok ist, weil der ja im nächsten moment ein Messer ziehen könnte und mir das in den bauch rammen könnte.

Und was die Kleidung angeht, ok HiOrg Kleidung. Ist nur genau die gleiche die auch die Rettung bei uns trägt.
Zuletzt geändert von ssdhhg am 01.05.2011, 11:03, insgesamt 1-mal geändert.
Flo, sanhelfer und ASBler

01.05.2011, 12:40
Original von ssdhhg
Nur sie will nicht das ich alleine jmd anspreche um ihn zu fragen ob alles ok ist, weil der ja im nächsten moment ein Messer ziehen könnte und mir das in den bauch rammen könnte.

Da hat Deine Mutter generell auch recht. Gerade alkoholisierte Obdachlose sind erstens fast immer bewaffnet, zweitens desorientiert, wenn sie geweckt werden und drittens rechnen sie immer damit, dass andere sie beklauen. (Ja, auch in diesem Klientel herrscht nicht mehr der Ehrenkodex der Vergangenheit). Daher sollte man sich schon der Gefahr bewusst sein und sich so positionieren, dass man eine Bedrohung erstens wahr nimmt und ihr zweitens schnell ausweichen kann.
Die Polizei in Hessen bietet entsprechende Kurse für Rettungsdienstpersonal an.
Es ist Dein Recht, Waffen abzulehnen. Es ist Deine Freiheit, nicht an Gott zu glauben. Aber wenn jemand in Dein Haus einbricht, sind die ersten beiden Dinge, die Du tun wirst: Jemanden mit einer Waffe rufen und beten, dass er rechtzeitig da ist.

01.05.2011, 12:46
@ Don:

Danke für deinen Antwort werde mal meinen HiOrg Leiter ansprechen ob wir sowas auch mal machen können.

Und klar, wenn ich durch die Stadt gehe abends und da liegt ein Obdachloser in der ecke werde ich nen teufel tun und den einfach so anpacken.

In der Bahn war die situation jedoch anders. Gut gepflegt junge dame mit nem Trikot das am selben Tag spielenden Fußballclubs saß in der UBahn und konnte sich kaum halten. Die einzige OFFEN sichtbare Gefahr war die Bierflasche die ich, da sie ja gefallen ist und mir quasi vor den füßen lag, aufgehoben und weggestellt habe. Dann habe ich sie angesprochen und hatte einen Abstand von circa 1m zu ihr. So wie sie motorisch drauf war hätte ich, wenn sie mich doch hätte angreifen wollen, genug zeit gehabt um micht zu entfernen/schutz zu suchen.
Flo, sanhelfer und ASBler

01.05.2011, 12:59
Meine Mutter sagt mir jetzt, dass für mich als Minderjähriger bestimmt andere Rechte/Pflichten gelten und es reichen würde wenn ich ohne abzuschätzen ob hilfe benötigt wird einen RTW hole und dann warte und nichts tue. Dies wiederstrebt mir jedoch völlig.


Kann mir einer hier sagen ob ich jetzt richtig liege, oder ob meine Mutter recht hat ?


Deine Mutter hat recht - ob Dir das widerstrebt, oder nicht.

Deiner rechtlichen Verpflichtung wäre mit dem Notruf genüge getan. Fertig. Versteh´ mich nicht falsch. Ich sage nicht, dass Du Dich nicht um die Dame hättest kümmern sollen. Es ehrt Dich, dass Du es wolltest und getan hast. Aber es sollte Dir eben bewusst sein, das dies eben (wie immer) ein gewisses Restrisiko beinhaltet und dass Du es aufgrund Deiner Überzeugung und Deiner freien Entscheidung tust und nicht aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung.
Es ist Dein Recht, Waffen abzulehnen. Es ist Deine Freiheit, nicht an Gott zu glauben. Aber wenn jemand in Dein Haus einbricht, sind die ersten beiden Dinge, die Du tun wirst: Jemanden mit einer Waffe rufen und beten, dass er rechtzeitig da ist.

01.05.2011, 13:04
@Don Jetzt muss ich nochmal nachhacken. Gibt es nicht diese Aussage in deinem Link

* Hilfe nach besten Kräften
Die Rechtsordnung verlangt von jedem nur das, was er leisten kann (oder leisten können müsste) -
"nemo ultra posse obligatur".
Daher kann bei der ersten Hilfe durch den Laien ein Notruf ausreichen, wenn er keine weiteren
medizinischen Maßnahmen beherrscht.
Von einem Sanitäter, Rettungssanitäter (RS), Rettungsassistenten (RA) oder Arzt wird man hingegen
eine Versorgung nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und dem jeweils individuellen
Ausbildungsstand verlangen.
Wer die Schocklage beherrscht, muss sie auch anwenden;
wer eine Infusion anlegen kann, muss das auch tun.


Und genau das verlangt doch, dass ich das tue was ich kann, und da ich mehr kann als einen RTW zu rufen habe ich doch eine rechtliche Verpflichtung oder nicht ?
Flo, sanhelfer und ASBler

01.05.2011, 13:09
Und zum Thema Dienstkleidung tragen außerhalb vom Dienst: Durch das Tragen selbiger wird ein höherer Wissenstand suggeriert und die Leute drum herum erwarten auch mehr. Und damit so meine ich das von meinem Rechtsdozenten gelernt zu haben, ist man dann auch in der Garantenposition.

01.05.2011, 13:10
Nein!
Du wärst nicht der erste, der bei einer anscheinend hilflosen Person dann eine auf die Rübe bekommen hättest.
Was machst du, wenn das ansprechen von einem Meter Entfernung unwirksam bleibt?

01.05.2011, 13:14
Worauf bezieht sich das Nein jetzt ?

Näher gehen, schütteln, zurückgehen und warten.
Flo, sanhelfer und ASBler

01.05.2011, 13:31
Original von Knuddelcarina
Und damit so meine ich das von meinem Rechtsdozenten gelernt zu haben, ist man dann auch in der Garantenposition.


Na, da zitiere ich mich doch mal, wie ich noch einmal andere zitiere:

Zitat:
Hier wird es idiotensicher erklärt:

http://notfallmedizin.de/download/gesetze.pdf

Zitat:
Man ist Garant, weil man Vater, Ehefrau, Bademeister oder Unfallverursacher ist, nicht weil man
Krankenpfleger oder Notarzt ist.


Und genau das verlangt doch, dass ich das tue was ich kann, und da ich mehr kann als einen RTW zu rufen habe ich doch eine rechtliche Verpflichtung oder nicht ?
Ach? Was hättest Du denn machen können?
Zuletzt geändert von Don Spekulatius am 01.05.2011, 13:32, insgesamt 1-mal geändert.
Es ist Dein Recht, Waffen abzulehnen. Es ist Deine Freiheit, nicht an Gott zu glauben. Aber wenn jemand in Dein Haus einbricht, sind die ersten beiden Dinge, die Du tun wirst: Jemanden mit einer Waffe rufen und beten, dass er rechtzeitig da ist.

01.05.2011, 13:43
Anamnese und vorallem Betreuen ?!
Flo, sanhelfer und ASBler

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